Digitale Gewalt und die Verantwortung von PlattformbetreiberInnen
Anna-Lena von Hodenberg ist gelernte Journalistin und arbeitete u.a. für RTL und den NDR. 2018 gründete sie gemeinsam mit Campact e.V. und Fearless Democracy e.V. die Organisation HateAid gGmbH. HateAid ist die erste digitale Beratungsstelle ausschließlich für Betroffene von digitaler Gewalt. Sie unterstützt mit emotionaler Erstberatung, Sicherheitsberatung und Prozesskostenfinanzierung in Zivilprozessen. Die Organisation hat bereits mehr als 1200 KlientInnen beraten. HateAid ist Ansprechpartnerin in Policy- und Rechtsfragen zum Thema digitale Gewalt und arbeitet mit mehreren spezialisierten Kanzleien, Sonderstaatsanwaltschaften und diversen Bundes- und Landesbehörden sowie mit europäischen EntscheidungsträgerInnen zusammen.
Anna-Lena von Hodenberg wurde 2020 mit dem Digital Female Leader Award 2020 ausgezeichnet und von der Zeitschrift Focus zu einer der “100 Frauen des Jahres 2020” gewählt.
Anna-Lena von Hodenberg ist erreichbar unter kontakt@hateaid.org sowie telefonisch unter 030 252 088 02.
Digitale Gewalt gehört zu den dunkelsten Begleiterscheinungen der Popularität des Internets. Gerade Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, sind häufig besonders intensiv mit digitaler Gewalt in Form von Hasspostings, Beleidigungen, Verleumdungen und ähnlichem konfrontiert – darunter Verhaltensweisen, die die Schwelle zur strafrechtlichen Relevanz überschreiten. Regelmäßig bereitet aber bereits die Identifizierung der TäterInnen große Schwierigkeiten und stellt nicht nur Betroffene, sondern auch PlattformbetreiberInnen vor (rechtliche) Herausforderungen, insbesondere im Umgang mit Auskunftsersuchen zu Bestandsdaten.
Mit Beschluss vom 19. Dezember 2021 (Az. 1 BvR 1073/20) hat sich das Bundesverfassungsgericht in einer weichenstellenden Entscheidung zum Thema digitaler Gewalt im Fall der Grünen-Politikerin Renate Künast geäußert, die 2019 zum Gegenstand zahlreicher Hasspostings geworden war und daraufhin Auskunftsansprüche gegen die Plattformbetreiberin geltend machte. Nachdem die Berliner Fachgerichte in aufsehenerregenden Entscheidungen die gerichtliche Anordnung der Auskunft über NutzerInnendaten (teilweise) versagt hatten, hat das BVerfG die Entscheidungen nun wegen Fehlern in der Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten aufgehoben. Die jüngste Entscheidung des BVerfG ist nicht nur für Betroffene digitaler Gewalt wegweisend, sondern kann auch aus Sicht der PlattformbetreiberInnen zur Rechtssicherheit beitragen.
Dr. Christian Rosinus bespricht mit Anna-Lena von Hodenberg, wie Betroffene und PlattformbetreiberInnen auf Gewalt im digitalen Raum angemessen reagieren können und an welchen Stellen Verbesserungsbedarf im Regelungsgefüge sowie auf Strafverfolgungsebene besteht.