Was kann passieren? Wichtige Konsequenzen aus Wirtschaftsstraftaten
Sanktionen aufgrund von Wirtschaftsstraftaten gibt es viele und die drohenden Haftungsfallen sind zahlreicher als man vermuten würde. Insbesondere für Unternehmen und Geschäftsführungsorgane ist es wichtig, das Spektrum potenzieller Haftungsfolgen zu kennen, um sich präventiv entsprechend absichern zu können.
Die Folgen von Ermittlungs- und Strafverfahren können Beteiligte auf verschiedenen Ebenen treffen. Vereinfacht kann man auf einer ersten Stufe zwischen den unmittelbaren strafrechtlichen oder ordnungswidrigkeitenrechtlichen Folgen und den mittelbaren Folgen unterscheiden. Diese unmittelbaren Konsequenzen treffen sowohl involvierte natürliche Personen, d.h. Geschäftsführungsorgane, Führungskräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, als auch die Unternehmen selbst.
Grundsätzlich gilt in Deutschland, dass sich nur natürliche Personen strafbar machen können. Juristische Personen können nach aktueller Gesetzeslage insbesondere in der Position einer Nebenbeteiligten in das Verfahren eingebunden sein. Zusätzlich ist die Verhängung einer Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG gegen das Unternehmen selbst möglich. Dieser status quo könnte sich in nicht allzu ferner Zukunft aufgrund der geplanten Einführung des Verbandssanktionengesetzes ändern.
Was kann passieren, wenn wegen Wirtschaftsstraftaten ermittelt wird?
Bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kann für die Beteiligten mit erheblichen Nachteilen verbunden sein – sogar dann, wenn es gar nicht zu einer Verurteilung kommt.
Für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens braucht es (nur) einen Anfangsverdacht. Die gesetzlichen Anforderungen an diesen sind nicht allzu hoch und lassen den Ermittlungsbehörden etwas Spielraum. Nicht jeder Anfangsverdacht erhärtet sich im Laufe des Ermittlungsverfahrens. Tatsächlich können die Verdachtsmomente in vielen Fällen frühzeitig ausgeräumt werden. Bereits in einem frühen Stadium der Ermittlungen sind jedoch Durchsuchungen sowohl der Geschäftsräume des Unternehmens als auch der privaten Wohnräume der beschuldigten Individualpersonen möglich. Häufig kommt ist die Durchsuchung verbunden mit Sicherstellungen und Beschlagnahmen.
Ermittlungsbehörden machen von diesen Maßnahmen regelmäßig Gebrauch, und das nicht immer in einer geräuschlosen Art und Weise, wie die einschlägigen Berichte in der Tagespresse anschaulich belegen. Werden wichtige Geschäftsunterlagen oder Daten sichergestellt bzw. beschlagnahmt, kann sich die Ermittlungsmaßnahme außerdem einschneidend auf den laufenden Geschäftsbetrieb auswirken. Hierauf sollten Unternehmen vorbereitet sein. Auch Vermögenswerte wie beispielsweise Kontoguthaben können sowohl bei Privatpersonen als auch bei Unternehmen arrestiert, d.h. vorläufig eingefroren, werden und stehen unter Umständen über mehrere Monate nicht zur Verfügung.
Besteht ein dringender Tatverdacht, kann die Untersuchungshaft angeordnet werden, wenn zusätzlich ein sog. Haftgrund wie beispielsweise Flucht- oder Verdunkelungsgefahr vorliegt. Im schlimmsten Fall kann sich die Untersuchungshaft über mehrere Monate, wenn nicht gar Jahre erstrecken, trotz strafverfahrensrechtlichem Beschleunigungsgrundsatz.
Selbst bei dringendem Tatverdacht gilt die Unschuldsvermutung. In der öffentlichen Meinung kommt der Schuldspruch dagegen oft lange vor einer eventuellen rechtskräftigen Verurteilung. Die Rufschäden, die bereits zu diesem Zeitpunkt durch Presseberichte u.ä. entstehen können, sind evident und unter Umständen unumkehrbar – ganz gleich, ob es später zu einer Verurteilung kommt oder nicht. In der öffentlichen Wahrnehmung sind Unternehmen dabei meist viel stärker betroffen als die beschuldigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Trotzdem können die Auswirkungen auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter massiv sein. Die Erfahrung zeigt, dass der bloße Verdacht von Straftaten schon viele Geschäftsleitungsorgane und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Job gekostet hat.
Was droht, wenn die Ermittlungen zum Abschluss kommen?
Im besten Fall nichts. Dann wird das Verfahren mangels Tatverdacht eingestellt. Tatsächlich enden statistisch die meisten Strafverfahren auf diese Weise. Insbesondere im Wirtschaftsstrafrecht enden viele Verfahren auch mit der Einstellung gegen Zahlung einer Geldauflage. Die Höhe der Geldauflage orientiert sich meist am Einkommen oder am entstandenen Schaden.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist das Verfahren damit endgültig beendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt die Unschuldsvermutung für die Beschuldigten nach der endgültigen Verfahrenseinstellung weiter.
Besonders unangenehm wird es, falls das Verfahren nicht durch eine Vefahrenseinstellung, sondern durch einen Strafbefehl oder sogar ein Urteil nach öffentlicher Hauptverhandlung beendet wird. Dann stehen Geld- und auch Freiheitsstrafen im Raum. Für die meisten wirtschaftsstrafrechtlichen Delikte gilt ein Strafrahmen von Geldstrafe bis Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Je nach Tatbestand kann die Strafrahmenobergrenze aber auch bei Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren liegen. Hinzu kommen unter Umständen weitere Nebenfolgen, wie z.B. die Einziehung von Taterträgen oder die Verhängung eines Berufsverbots.
Welche Sanktionen kommen auf Unternehmen zu?
Besonders relevant für Unternehmen ist die Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG. Diese knüpft regelmäßig an die Pflichtverletzung einer Leitungsperson an, sei es weil diese ihre Aufsichtspflicht verletzt hat oder selbst Straftaten begangen hat. Die Verbandsgeldbuße setzt sich aus einem Sanktions- und einem Abschöpfungsteil zusammen und kann einen substantiellen Betrag erreichen: Während der Sanktionsteil auf einen Betrag von maximal EUR 10 Millionen je Tat beschränkt ist, kann der Abschöpfungsteil dazu führen, dass die Verbandsgeldbuße insgesamt diese Grenze um ein Vielfaches übersteigt. Bereits ab einem Betrag von EUR 200 wird eine Verbandsgeldbuße zudem ins Gewerbezentralregister eingetragen.
Statt einer Verbandsgeldbuße kann unter Umständen auch eine Einziehung in Betracht kommen. Sowohl der Abschöpfungsteil der Verbandsgeldbuße als auch der eingezogene Betrag können unter Umständen steuerlich geltend gemacht werden. Eine genaue Prüfung kann sich daher lohnen.
Welche mittelbaren Konsequenzen kann die Beteiligung an Wirtschaftsstraftaten haben?
Als mittelbare Konsequenzen sind insbesondere der Ausschluss von Ausschreibungen oder zivilrechtliche Schadensersatzansprüche zu nennen, die sich gegen das Unternehmen selbst oder die handelnde Person richten können. Auch bei haftungsbeschränkten Gesellschaften kann es unter Umständen zur Durchgriffshaftung kommen, d.h. dem Durchgriff auf das private Vermögen der Leitungsorgane.
Darüber hinaus können bei Korruptionssachverhalten mittelbare Konsequenzen auf steuerlicher Ebene drohen: Ist es zu Schmiergeld- oder Bestechungszahlungen gekommen, muss unter Umständen die Steuererklärung korrigiert und eine entsprechende Nachzahlung geleistet werden. Andernfalls begehen die zuständigen Leitungsorgane eine Steuerhinterziehung bzw. Steuerverkürzung und stolpern gleich in den nächsten Haftungsfall.
Spätestens bei einer Verurteilung, häufig schon früher, steht für Geschäftsführungsorgane und betroffene Personen der Verlust der öffentlich-rechtlichen (insbesondere aufsichtsrechtlichen oder gewerberechtlichen) Zuverlässigkeit auf dem Spiel. Welche Kreise der Verlust der Zuverlässigkeit ziehen kann, ist den Beteiligten oft nicht bewusst. Für Organe und Mitarbeiter von Finanzinstituten kann sie ein faktisches Berufsverbot bedeuten, wirkt sich aber auch in anderen Lebensbereichen aus. So mancher Mittelständler hat sich schon sehr gewundert, dass plötzlich wegen einer Steuerhinterziehung der Jagdschein entzogen wurde.
Fazit
Das Spektrum potenzieller Strafen und nachteiliger Nebeneffekte aus Wirtschaftsstraftaten ist breit. Unternehmen und Führungskräfte sollten daher auf den Ernstfall vorbereitet sein, indem sie entsprechende Prophylaxe betreiben, etwa durch den Abschluss sinnvoller Versicherungen (z.B. D&O-Versicherung) und eine Richtlinie für das Verhalten bei Durchsuchung und Beschlagnahme. Mit rechtzeitiger Beratung und der richtigen Strategie gelingt es häufig, mögliche Sanktionen gering zu halten.