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U.S. Monitorship – Was die „Bewährungshilfe für Unternehmen“ in der Praxis bedeutet
Nicole Willms ist Rechtsanwältin und Partnerin bei der Kanzlei Pohlmann & Company in Frankfurt. Seit vielen Jahren berät und unterstützt sie deutsche und internationale Mandanten bei der Entwicklung, Implementierung und Überprüfung von Compliance-Management-Systemen und effektiven Risikomanagement- und Governance-Strukturen. Seit 2016 ist Nicole Willms regelmäßig als Teil der Führungs- und Prüfungsteams in verschiedenen U.S. Monitorships, insbesondere für das U.S. Justizministerium (Department of Justice, DoJ) und die U.S. Börsenaufsicht (Securities Exchange Commission, SEC), tätig.
Sie erreichen Nicole Willms per E-Mail unter nwillms@pohlmann-company.com oder telefonisch unter +49 69 260 1171 46.
Kommt es zu sanktionierbarem Fehlverhalten oder Compliance-Vorfällen im Unternehmen, ist die Beauftragung eines unabhängigen Compliance-Monitors in der U.S.-amerikanischen Rechtspraxis an der Tagesordnung – häufig als Teil eines sog. Settlements zwischen U.S. Behörden und Unternehmen. Obwohl Bemühungen des deutschen Gesetzgebers, ein ähnliches Modell im deutschen Recht zu implementieren, mit der Abkehr vom Verbandssanktionengesetz in der vergangenen Legislaturperiode (vorerst) gescheitert sind, spielt das U.S. Monitorship auch für in Deutschland ansässige Unternehmen eine wichtige Rolle, z.B. wenn sich das Unternehmen wegen Verstößen gegen international wirkende Vorschriften wie den Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) strafbar gemacht hat.
Einmal vom Unternehmen beauftragt, hat der Compliance-Monitor die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Settlement zwischen Behörden und Unternehmen zu überwachen, die Umsetzung der vereinbarten Compliance-Maßnahmen zu kontrollieren und durch Empfehlungen – sog. Recommendations – zu unterstützen. Ziel ist es, die Implementierung eines nachhaltigen Compliance-Management-Systems zu fördern und auf diesem Weg das Risiko zukünftiger Compliance-Verstöße zu reduzieren.
Obwohl die Vereinbarung eines Monitorships bereits konzeptionell keinen Sanktionscharakter haben soll, begegnen Unternehmen dem Monitorship häufig mit Vorbehalten. Dabei kann ein Monitor als Impulsgeber in der praktischen Umsetzung echten Mehrwert für das Unternehmen bringen und die Anordnung des Monitorships zur Compliance-Chance werden.
Dr. Christian Rosinus bespricht mit Nicole Willms, wie ein U.S. Monitorship in der Praxis funktioniert, was auf betroffene Unternehmen zukommen kann und wie es gelingt, das Monitorship aktiv mitzugestalten.
Compliance-Falle Energierecht? – Energieprivilegien als Compliance-Herausforderung
Dr. Franziska Lietz ist seit 2012 Rechtsanwältin im Energie-, Umwelt- und Klimarecht bei der Kanzlei Ritter Gent Collegen mit Sitz in Hannover. Ihre Beratungsschwerpunkte sind insbesondere Energieprivilegien und Umweltcompliance für die energieintensive Industrie sowie Rechtsfragen der Elektromobilität und der industriellen Wasserstofferzeugung. Darüber hinaus ist sie im Bereich der Konzeption und Vermarktung diverser Legal-Tech-Produkte für verschiedene Unternehmen tätig.
Dr. Franziska Lietz ist erreichbar unter blau@ritter-gent.de oder telefonisch unter 0511-538 999-84.
Energieprivilegien, z.B. im Zusammenhang mit der EEG-Umlage oder der Stromsteuer, spielen in der Wirtschaft eine enorme Rolle und werden Unternehmen der energieintensiven Industrie gewährt, um diese im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu machen. Laut Gesetzentwurf soll zwar die EEG-Umlage ab Juli 2022 bis auf Weiteres entfallen, andere Energieprivilegien bestehen aber unabhängig vom Schicksal der EEG-Umlage unverändert fort.
Rechtlich betrachtet sind die Energieprivilegien in den Bereich der Subventionen einzuordnen. Bei unrechtmäßiger Inanspruchnahme der Energieprivilegien drohen nicht nur straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Konsequenzen. Verstöße führen regelmäßig auch zur Rückforderung des Privilegs.
Gleichzeitig ist die Fehleranfälligkeit in der Praxis aus Compliance-Sicht sehr hoch. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme sind je nach Energieprivileg enorm komplex und erfordern auf Seiten der Unternehmen einen hohen Mess- und Kontrollaufwand – darunter umfangreiche Messkonzepte, die fristgerecht nachgewiesen werden müssen.
Dr. Christian Rosinus bespricht mit Dr. Franziska Lietz, vor welchen Herausforderungen energieintensive Unternehmen bei der Inanspruchnahme von Energieprivilegien stehen und worauf Führungskräfte achten müssen, um Compliance-Risiken zu vermeiden.
*Hinweis: Diese Folge wurde am 30. März 2022 – einen Tag vor Ablauf der Nachweisfrist am 31. März 2022 – aufgenommen.*
Rechtsprechungsupdate – Zugriff auf im Ausland gespeicherte Daten per Online-Durchsicht
Die Durchsicht elektronischer Speichermedien nach § 110 Abs. 3 StPO ist mittlerweile fester Bestandteil einer jeden Durchsuchungsmaßnahme. Die Strafprozessordnung ermöglicht es den Ermittlungsbehörden, Papiere und elektronische Speichermedien des Betroffenen auf beweisrelevante Inhalte durchzusehen. Sogar räumlich getrennte Speichermedien sind von der Durchsicht umfasst, solange auf diese von dem elektronischen Speichermedium des Betroffenen aus zugegriffen werden kann.
Nach bislang überwiegender Auffassung endete die Zugriffsmöglichkeit auf räumlich getrennte Speichermedien im Rahmen des § 110 Abs. 3 StPO jedenfalls an der Landesgrenze. Wollten Ermittlungsbehörden beispielsweise auf Daten des Beschuldigten zugreifen, die sich auf Servern im Ausland befinden, waren sie bislang in erster Linie auf den Weg der internationalen Rechtshilfe verwiesen.
Dieser Auffassung hat das Landgericht Koblenz nun in einem Beschluss vom 24. August 2021 (Az. 4 Qs 59/21) widersprochen und den direkten Zugriff auf (wohl) im Ausland gespeicherte Cloud-Daten im Rahmen der Durchsicht beim Beschuldigten als zulässig erachtet. Demnach könnten Ermittlungsbehörden über das Auslesen von Zugangsdaten künftig auf im Ausland gespeicherte Daten des Beschuldigten zugreifen, ohne den zeitintensiven Weg über die internationale Rechtshilfe gehen zu müssen. In der Literatur und Strafverteidigungspraxis hat die Entscheidung des LG Koblenz reichlich Kritik geerntet.
Dr. Christian Rosinus gibt einen Überblick über die aktuelle Rechtslage und bespricht, welche Folgen für die Strafverteidigung zu erwarten sind, wenn sich die Rechtsauffassung des LG Koblenz durchsetzen sollte.
Hier geht’s zur Entscheidung des LG Koblenz vom 24. August 2021
Deutsche und europäische Lieferketten-Compliance
Dr. Martin Schorn ist Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Pohlmann & Company in München. Pohlmann & Company vereint eine Rechtsanwaltskanzlei und eine Beratungsgesellschaft unter einem Dach und berät zu Compliance und Corporate Governance. Martin Schorn hat einen strafrechtlichen Schwerpunkt und berät insbesondere in der Verteidigung von Unternehmen in Wirtschaftsstrafverfahren, der Durchführung von internen Untersuchungen und bei der Gestaltung von Compliance-Management-Systemen. Weitere Schwerpunkte seiner Tätigkeit liegen in den Bereichen Geldwäsche und Lieferkette-Compliance.
Dr. Martin Schorn ist erreichbar unter mschorn@pohlmann-company.com oder telefonisch unter +49 89 217 5841 79.
Am 11. Juni 2021 hat der Bundestag den Gesetzentwurf über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten – kurz Lieferkettengesetz – angenommen. Am 1. Januar 2023 wird das branchenübergreifend anwendbare Lieferkettengesetz in einer ersten Tranche in Kraft treten. Ziel der Gesetzesinitiative ist es, Menschenrechte und Umwelt in der globalen Wirtschaft besser zu schützen. Gleichzeitig müssen Sorgfaltspflichten verhältnismäßig und für die Unternehmen in der täglichen Praxis umsetzbar sein.
Zusätzlich zu den nationalen Gesetzgebungsbemühungen wird das Thema auch auf europäischer Ebene adressiert. Ein erster Richtlinienentwurf liegt seit wenigen Wochen vor, der eine deutlich niedrigere Anwendungsschwelle als die deutsche Regelung vorsieht. Damit würden bereits Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen (bzw. 250 MitarbeiterInnen bei Unternehmen in bestimmten Risikosektoren) in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, sofern bestimmte Umsatzschwellen überschritten werden. In diesem Zusammenhang stellt sich ferner die Frage, ob und in welchem Umfang eine Zentralisierung der Lieferketten-Compliance im Konzern zulässig ist.
Dr. Martin Schorn gibt im Interview mit Dr. Christian Rosinus einen Überblick über die aktuellen gesetzgeberischen Initiativen im Bereich Lieferketten-Compliance und bespricht, was den Richtlinienentwurf auf europäischer Ebene von der Regelung im Lieferkettengesetz auf nationaler Ebene unterscheidet. Außerdem geht es im Podcast um die Frage, was Unternehmen beachten müssen, um insbesondere für das Inkrafttreten des Lieferkettengesetzes gut aufgestellt zu sein.
Missbrauchsbekämpfung in der Umsatzsteuer
Dr. Carsten Höink, Rechtsanwalt, Steuerberater, Dipl. Finanzwirt ist geschäftsführender Gesellschafter, der auf die Beratung in den Bereichen Umsatzsteuer, Zoll und Exportkontrolle spezialisierten AWB Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Dr. Höink widmet sich schwerpunktmäßig den Fragen des Umsatzsteuer- und Zollrechts im grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr. Er ist ehemaliger Finanzbeamter und seit 2005 in der Beratung tätig (Rechtsanwalt und Steuerberater). Dr. Höink war Berater bei fgs und ist ehemaliger Partner für Indirect Tax einer Big4 Gesellschaft in Düsseldorf. Seit 2013 ist er Geschäftsführer bei der AWB. Zudem ist er Autor diverser Fachpublikationen, Mitautor im Offerhaus/Söhn/Lange – Großkommentar zum UStG sowie im Kirchhof/Söhn/Mellinghoff – Großkommentar zum EStG. Dr. Höink ist Autor und Mitherausgeber des Buches Umsatzsteuer-Strafrecht (C.F. Müller Verlag), Dozent bei verschiedenen Seminaranbietern zu Fragen des Umsatzsteuerrechts, Gastdozent an der Bundesfinanzakademie im Bundesfinanzministerium, Berlin und Lehrbeauftragter an der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster.
Dr. Höink ist erreichbar unter Carsten.Hoeink@awb-international.de oder telefonisch unter +4925162030690.
Die Umsatzsteuer zählt zu den aufkommensstärksten Steuern. Gleichzeitig ist sie bereits systembedingt in besonderem Maße anfällig für Missbrauchsgestaltungen, wie Umsatzsteuerkarusselle. Hintergrund ist, dass der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger gegebenenfalls zu gewähren ist, obwohl beim Leistenden die Umsatzsteuer nicht entrichtet wurde. Regelmäßig bieten Steuerbefreiungen im innergemeinschaftlichen Warenverkehr ein Einfallstor für derartige Missbrauchsgestaltunge.
Gerichte auf nationaler Ebene als auch auf Unionsebene versuchen, dem Missbrauch in der Umsatzsteuer entgegenzuwirken. Insbesondere der Europäische Gerichtshof hat in den vergangenen Jahren eine umfassende Missbrauchsrechtsprechung im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer entwickelt, die mit Einführung des § 25f UStG am 1. Januar 2020 auf nationaler Ebene gesetzlich verankert wurde.
Dr. Carsten Höink gibt im Interview mit Dr. Christian Rosinus einen Überblick, wie sich die Rechtsprechung des EuGH zur Missbrauchsbekämpfung in der Umsatzsteuer entwickelt hat und welche Maßstäbe sich daraus für die Tax Compliance Praxis ableiten lassen. Außerdem geht es im Podcast um die Frage, worauf Unternehmen insbesondere im Zusammenhang mit ihren Lieferbeziehungen achten müssen, um Missbrauchskonstellationen zu vermeiden.
Hier geht’s zur Entscheidung des EuGH vom 7. Dezember 2010 in der Rechtssache „R“, C-285/09: https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=83435&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1
Hier geht’s zur Entscheidung des EuGH vom 18. Dezember 2014 in der Rechtssache „Italmoda“, C‑131/13, C‑163/13 und C‑164/13: https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=160940&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1
Hier geht’s zur Entscheidung des EuGH vom 14.April 2021 in der Rechtssache C-108/20: https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=240142&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1
Hier geht’s zum Vorabentscheidungsersuchen des FG Nürnberg vom Beschluss vom 21. September 2021, 2 K 345/20: https://openjur.de/u/2363431.html
Die Russland-Sanktionen im Fokus – Was müssen WirtschaftsteilnehmerInnen beachten?
Dr. Laura Louca hat an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und an der Indiana University, USA studiert. Ihre Dissertation schrieb sie zum internationalen Waffenhandel und der Kontrolle von Dual-Use-Gütern. Währenddessen arbeitete sie für eine international tätige Wirtschaftskanzlei im Bereich des Außenwirtschaftsrechts. Seit 2019 ist Laura Louca als Anwältin bei BLOMSTEIN tätig und berät umfassend zu Themen des Außenwirtschaftsrechts, inklusive Exportkontroll- und Sanktionsrecht, Investitionskontrolle und Compliance.
Laura Louca ist erreichbar unter laura.louca@blomstein.com oder telefonisch unter +4930214802700.
Vor dem Hintergrund der tragischen Ereignisse in der Ukraine haben sowohl die EU als auch die USA und weitere Länder umfangreiche Sanktionen gegen Russland und Belarus verhängt. Zum Maßnahmenkatalog zählen insbesondere das Verbot von Verkauf und Ausfuhr bestimmter Güter und Technologien sowie tiefgreifende Maßnahmen betreffend den Finanzsektor, wie zuletzt der Ausschluss bestimmter russischer Finanzinstitute aus dem Zahlungssystem SWIFT.
Sanktionsrechtliche Verstöße sind für die betroffenen Individuen und Unternehmen nicht nur umfassend straf- bzw. bußgeldbewehrt. Es können weitere empfindliche Nebenfolgen drohen, wie der Wegfall zollrechtlicher Vergünstigungen oder der Widerruf des EU-Status als zugelassener Wirtschaftsbeteiligter. Darüber hinaus können Verstöße gegen die Sanktionsmaßnahmen zur Nichtberücksichtigung in Vergabeverfahren führen und umfangreiche Reputationsschäden zur Folge haben.
Dr. Christian Rosinus und Dr. Laura Louca geben einen Überblick, welche sanktionsrechtlichen Regelungsmechanismen aktuell greifen und welche konkreten Sanktionen insbesondere EU und USA gegen Russland verhängt haben. Außerdem geht es im Interview um die Frage, welche Compliance-Maßnahmen Unternehmen und Führungskräfte nun ergreifen können, um das Risiko von Sanktionsverstößen zu minimieren.